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			Geschichte. Unter den rheinischen 
			Bauwerken aus der Zeit der Hohenstaufenkaiser steht die 
			Quirinuskirche in Neuß durch die Ausdehnung und Pracht der 
			Erscheinung, aber auch durch die Größe des baukünstlerischen 
			Gedankens und die domhafte Sammlung aller Ausdrucksmittel mit an 
			erster Stelle (Bild 1—2). Am Niederrhein nördlich von Köln kommt ihr 
			außer Roermond an der Maas kein Bau gleich, wenn auch Gerresheim und 
			M.Gladbach in kleinerem Ausmaß verwandte Züge haben. Die Gründung 
			der Stiftskirche reicht in die karolingische Zeit zurück; vom ersten 
			Bau ist aber außer dem Rest eines Fußbodenmosaiks nichts bekannt. 
			Von einem Neu- oder Erweiterungsbau des 11. Jh. hat sich die Krypta 
			im wesentlichen erhalten, doch wurde sie im 13. Jh. erweitert und 
			neu gewölbt (Bild 5—7). 1209 legte Meister Wolbero den Grundstein zu 
			einem völligen Neubau, der, von kleinen Änderungen abgesehen, nach 
			einheitlichem Plan durchgeführt wurde (Bild 4). 
			
			  
			
			
			Außenbau. Der hochgereckte zweitürmige 
			Außenbau ist durch die gedrängte Ballung der Massen um den östlichen 
			Vierungsturm und die breite Unterbauung des Westturmes in zwei Polen 
			zusanımengefaßt, zwischen denen das Langhaus mit einem zum 
			westlichen Querbau hin verschobenen mittleren „Querschiff“ sich 
			dehnt. Durch die üppige, wenn auch nur flach der Mauer aufgelegte 
			Gliederung mit Mauerbändern, Rundbögen und Plattenfriesen, Rund-, 
			Spitz- und Kleeblattfenstern, Blendbögen auf Wandpfeilern und 
			Säulen, wird der Bau einheitlich überzogen; Zwerggalerien, Nischen 
			und bizarr gestaltete Fenster geben die stärksten Betonungen. Sie 
			weisen bei allem Reichtum der Massen- und Flächengliederung gewisse 
			durchlaufende Richtlinien auf, indem ein Rundbogenfries am Westbau, 
			Seitenschiff und mittleren Querbau durchläuft und die Zwerggalerie 
			an Ost- und Westteilen in gleicher Höhe wiederkehrt. So unterstreichen 
			die Einzelformen in ihrer Aufteilung die Auswägung der Massen, die 
			im Wesen die kantigen Formen des rechteckigen Querbaues und 
			quadratischen Turmes gegen die drei runden Apsiden und den 
			achtseitigen Vierungsturm des Chores im Osten setzt. Das Gewicht, 
			das dieser Vierungsturm für die vier (im 19. Jh. wohl im ganzen 
			richtig wiederaufgebauten) Begleittürmchen erhält, wird durch die 
			Verschiebung des mittleren Querbaues nach Westen gewissermaßen 
			ausgeglichen.  
			
			  
			
			 Trotzdem liegt das besondere Gepräge dieses Baues 
			nicht in einer ruhigen Ausgewogenheit, sondern in der bewegten 
			Gruppierung der Massen, die von vielen Seiten aus immer neue 
			reizvolle und wesentliche Ansichten bietet. So schließt sich in der 
			Schrägansicht des Ostbaues der Umriß zu wundervoll bewegter 
			Geschlossenheit zusammen, wobei die Apsiden trotz ihrer Vereinzelung 
			durch die Flächengliederung als mächtig strebender Unterbau der 
			Kuppel wirken. So wird, wenn man von Westen kommt, durch das 
			treppenförmige Aufsteigen der Bogenreihen am Westbau der Giebel 
			vorbereitet, der wiederum den einspringenden Mittelturm ankündigt. 
			
			  
			
			  
			
			  
			
			  
			
			
			Innenbau. Gegenüber dem vielgestaltigen 
			Äußeren überrascht der Innenraum durch seine Einfachheit (Bild 6—8). 
			Im schlanken Mittelschiff werden durch Wanddienste und 
			Kreuzrippengewölbe vier quadratische Joche gebildet, die von der 
			doppelten Anzahl in den Seitenschiffen und den Emporen umgeben sind. 
			Die großen Wandflächen werden von den nach Osten sich 
			verschmälernden Seitenschiff- und Emporenbögen durchbrochen, so daß 
			in zwei Geschossen vielfache Raumbilder und Schrägblicke entstehen. 
			Das Westjoch, außen zum Querschiff ausgebildet, ist innen durch 
			Fehlen der Hochfenster unterschieden. Hier verbindet ein Laufgang 
			die beiden Seitenemporen. Auch im Osten, im Kleeblattbau des Chores, 
			setzen sie sich in rundumführenden Laufgängen fort, die aber hier 
			auch im Erdgeschoß schon vorhanden sind und oben im Vierungsturm 
			zweimal wiederkehren. Wie im Langhaus das Mittelschiff nicht nur 
			durch seine Höhe, sondern vor allem durch die Lichtfülle der 
			Obergadenfenster herrscht, so wird der Vierungsturm zwischen den 
			drei Apsiden durch den strahlenden Lichteinfall zur Mitte des ganzen 
			Raumes. Um so leichter kann er dem langen Schiff die Waage halten, 
			als auch das scheinbare Mittelquerschiff innen nur Kapellenausbau 
			der Seitenräume ist. In dem Hinströmen des Schiffes und dem 
			plötzlichen Hochreißen des Raumes durch den Vierungsturm liegt das 
			Besondere des Raumes. 
			
			  
			
			
			Ausstattung. Von der alten Ausstattung: 
			ist nur wenig erhalten. Das Chorgestühl des mittleren 13. Jh. ist 
			jetzt in den Seitenapsiden aufgestellt. Die barocke Einrichtung des 
			17. und 13. Jh. wurde größtenteils durch eine neuere ersetzt, nur 
			eine Reihe von Figuren ist von ihr erhalten. Der Schrein des hl. 
			Quirinus wurde 1840 unter Verwendung von Beschlägen aus dem Jahre 
			1597 erneuert. 
			
			  
			
			
			Schrifttum:  
			
			
			H. E. KUBACH. 
			1937.   |