
1. Plan der
Stadt Monschau
Lage.
Monschau, abseits von den großen Straßen beim Zusammenfluß von Rur
und Laufenbach am Rande des Hohen Venns, hat sich vielleicht mehr
als andere rheinische Städtchen, zu deren kleinsten es zählt, seine
Eigenart bewahrt. Der Besucher darf hier zwar keine großen
Kunstwerke erwarten; er findet aber eine überraschende Fülle des
Kleinen und wahrhaft Gewachsenen, die seltene Einheit aller Formen
auf kleinstem Raum vereinigt. Zwei Dinge haben das Gesicht der Stadt
bestimmt: die mittelalterliche Burg,deren Ruinen noch heute
malerisch über dem Ort sich erheben (Bild 1 u. 3); unter ihrem
Schutz schmiegt er sich an Rur und Burgberg an; hier laufen die
beiden Hauptstraßenzüge der ersten Ansiedlung. die in späterer Zeit
aufwärts in die Rur- und Laufenbachtäler sich erweiterte (Bild 1).
Von dieser ersten Stadt blieb nach der Zerstörung von 1543 nichts
mehr übrig. — Das zweite ist der Gewerbefleiß der Monschauer Bürger
im 18. Jahrhundert. der die Stadt damals in die erste Reihe der
Herstellungsorte für Feintuche erhob und sie mit stattlichen
Patrizierhäusern ausbaute. Dieses Monschau bietet sich noch jetzt
bis auf wenige störende Ausnahmen dem Besucher dar.
Die Burg.
Das „castrum in Munioie“, 1217 zum erstenmal erwähnt, soll kurz
vorher von den Grafen von Monschau-Falkenburg erbaut worden sein. Im
14. Jh. entstand dann unter Benutzung der noch brauchbaren Teile des
Urschlosses, von mächtigen Ringmauern und Wehrgängen eingeschlossen
und überragt von dem alten romanischen Bergfried, ein bedeutend
erweiterter Neubau“, der, nachdem die Herrschaft nach 1435 an die
Herzöge von Jülich gekommen war, 1543 durch kaiserlich ‚spanische
Truppen erobert und teilweise zerstört wurde. Im 17. Jh. unter
pfälzischer Landeshoheit, war das Schloß neuzeitlicher Kriegstechnik
nicht mehr gewachsen; es wurde zwar im 16. Jh. die untere Vorburg
mit dem heutigen Krankenhaus und dem mächtigen Eselsturm erweitert,
doch diente es hauptsächlich als Garnison und Sitz des Amtmanns.

2. An der
evangelischen Kirche
Im 3.
Raubkrieg Ludwigs XIV. wurde es 1689 von dem französischen General
Varennes mit Leichtigkeit erobert und gesprengt. In der Folgezeit
bemühte man sich nur mehr, die Bauten wohnbar zu erhalten; zerfallen
sind sie aber erst in der 1. Hälfte des 19. Jh. Die umfangreiche
Anlage ist leicht zu übersehen (Grundrisse in Karl Faymonville,
„Kunstdenkmäler des Kreises Monschau“ 1927). Sie gliedert sich in
Ober- und Unterburg, die erstere mit dem auf steilem Fels
errichteten Bergfried, dem wieder ausgebauten Palas und im spitzen
Winkel dazu einem weiteren Wohnbau mit mächtigem Viereckturm; der
alte Eingang liegt an der Nordseite. Südlich schließt sich der
Burghof an, in den ein von Rundtürmen flankiertes Spitzbogentor des
14. Jh. führt. Entlang der Oberburg verbindet eine ansteigende Rampe
des frühen 16. Jh. diese mit der durch Türme stark bewehrten, vom
heutigen Hospital bis zum Eselsturm reichenden Unterburg, die an
dieser Angriffsseite der Befestigung vorgelagert ist. Der Ort selbst
war einst mit Mauer und Toren umgeben und stand durch Mauern mit der
Burg in Verbindung. Von den früheren Türmen auf den
gegenüberliegenden Höhen erhebt sich nur noch die Ruine des Hallers
auf dem Rahmenberg weithin sichtbar. (Die Mauerterrassen dort
dienten zum Trocknen der Tuche.) Das Ganze war eine selten
vollständige und für die Geschichte der Befestigungskunst höchst
lehrreiche Anlage, die überdies eine Fülle malerischer Winkel und
eine prachtvolle Aussicht auf die Stadt zu ihren Füßen bietet. —
Heute herrscht hier wieder reges Leben, seitdem einige Teile der
Burg als Jugendherberge ausgebaut worden sind.

3. Blick zur
Burg Monschau
Bürgerhäuser. Ein Rundgang durch den Ort vermittelt
überraschende Einblicke in die Geschichte der Hausbaukunst (Bild 2 -
7). Zu den ältesten Wohnhäusern gehören in der engen Kirchstraße Nr.
76, noch mit spätmittelalterlicher Grundrißbildung, und Nr. 88,
beide in späterer Zeit verändert
(Bild 4). Dann in der gleichen Straße das alte Rathaus von 1654, mit
seinen kennzeichnenden Bruchsteinuntergeschossen und
Fachwerkobergeschossen mit zwei Giebeln. Vielfach sind die Häuser
beschiefert, ganz oder teilweise waagerecht verbrettert. Erwähnt
seien hier die Bauten: Mühlenberg 260, Kirchstraße 99 (von 1716),
Kirchstraße 121 - 122. — Von der Mitte des 18. Jh. an ändert sich
die Bauweise, veranlaßt durch gehobenen Wohlstand und zweifellos
angeregt durch den Aachener Baumeister J. J. Couven (1701 -
63),dessen Bautätigkeit in Monschau allerdings nirgends schriftlich
bezeugt ist (Bild 3 u. 7). Mit dem künstlerischen Aachener Einfluß
dringt auch der Backsteinbau in die Eifel ein. So entstand um 1762 -
65 das schönste aller Monschauer Patrizierhäuser mit einem
Kostenaufwand von 90 000 Taler, das „Rote Haus“ des
Großtuchfabrikanten Scheibler (Bild 5). An drei seiner Seiten frei
gelegen, sind seine breiten Flächen, in den drei Geschossen ganz
ohne Horizontalteilung, nur durch Eckquaderung und die ganz einfach
profilierten Rahmungen der Fenster, mit Keilsteinen im
Segmentbogenabschluß, gegliedert; die beiden Türen der Hauptseite
mit Freitreppen und prachtvollen schmiedeeisernen Gittern führten
links in den eigentlichen Wohnbau, rechts in die „Fabrik“, wo
zugleich der große Tanzsaal lag. Ein mächtiges, die umstehenden
Bauten überragendes, geschiefertes Walmdach bedeckt das durch den
farbigen Gegensatz der roten Ziegelflächen, der hellen
Fenstereinfassungen und des bläulichen Schiefers reizvoll belebte
Doppelhaus; das Dach hat auf beiden Langseiten hohe gebrochene,
gebogene und beschieferte Giebel mit zwei Fensterreihen und drei
ovalen Dachöffnungen. An der Laufenbachseite die für die Monschauer
frühen Fabrikbauten so kennzeichnende Balkenrolle. Im Innern des
Wohnhauses bietet sich dem Besucher ein Bild feinster bürgerlicher
Wohnkultur des 18. Jh. Die Zimmerwände vielfach mit reichster
geschnitzter Rokokotäfelung, frei aufgetragenen Handstuckrahmen und
Kaminen, in einem Raum eine in Paris ursprünglich für ein russisches
Schloß gefertigte Bildertapete. Reich auch die Ausstattung an
kostbarem, teilweise venetianischem Mobiliar, an Lütticher und
Aachener geschnitzten Eichenholzmöbeln, von denen noch zahlreiche
schöne Beispiele in Monschauer Häusern sich befinden. Vor allem aber
die nach der Überlieferung von wallonischen Schnitzern gearbeitete
Eichenholztreppe, die in prachtvoller kurviger Schwingung in drei
Geschossen aufgeht (Bild 6). Die außerordentlich reich mit
spätestem, ganz saftigem Muschelwerk verzierten durchbrochenen
Geländer zeigen in den Kartuschen zierlichste Darstellungen, 33
Reliefbilder, die Verarbeitung der Wolle und die Herstellung des
Tuches schildernd. Solcher Treppen, wenn auch einfacher als diese,
gibt es in Monschau mehrere, so im rechten Flügel des Roten Hauses
(hier das sehenswerte Heimatmuseum) mit Darstellungen aus der
Landwirtschaft, Adams und Evas u. a. und im ehemaligen Hotel Richter
(Bild 7). Man beachte auch die reich geschnitzten Eichenholztüren
mit ihren Laternenoberlichtern; von der großen Zahl dieser teilweise
von Monschauer Schnitzern gemachten einflügeligen Türen läßt sich
die Entwicklung der Ornamentformen vom 16. und 17. Jh. fast
lückenlos bis in das frühe 19. Jh. ablesen.

4. Kirchstraße
In der
Blütezeit des Rokoko meist die ganzen Felder mit zierlichem Ranken-
und Blütenornament überzogen, reichstes Muschelwerk, den Aachener,
Lütticher und Eupener Formen ganz nah verwandt; im Zopfstil
besonders kostbar in der einheimischen Prägung, werden die Felder
schon fester gerahmt; das Empire hat seine Höhepunkte etwa am Portal
der evangelischen Kirche (Bild 2 u. 5). Noch gleichzeitig mit dem
Roten Haus ist das Doppelhaus an der Ecke Rur- und
Adolf-Hitler-Straße, ganz verputzt, mit ähnlich einfachen
Einfassungen der Fenster und geschiefertem Giebel (Bild 7) daneben
das viergeschossige Putzhaus Nr. 11 und 12, mit zwei Türen,
geschweiftem und gebrochenem Giebel; die große Straßenfläche nur
durch die Reihen der zahlreichen Fenster bewegt; hier die Bekrönung
der Fenster etwas reicher als üblich mit Rokokoschmuck versehen. —
Besonders feine Durchbildung der Schauseite hat Haus Nr. 184 in der
Laufenstraße, mit seiner durch Riesenpilaster betonten Mittelachse,
um die beide Stockgurte verkröpft sind; unter den Fenstern einfache
Viereckrahmen mit Gehängen; der Mittelbalkon auf Tragfiguren hat wie
die zweiläufige Haustürtreppe schöne schmiedeeiserne Gitter; das
ganze Haus schon in den Formen des frühesten Empire. Hier nur
erwähnt werden können die alte Post mit ihrem tonnenartig
geschweiften Dach (ähnlich Haus Nr. 332 im Rosental), Elbers Haus,
Nr. 241 im Rosental, mit drei um einen offenen Hof gruppierten
Flügeln und besonders schöner Tür, Haus Barkhausen, nach dem Willen
seines Bauherrn mit bergischer Beschieferung; von den vorbildlich
einfachen und schön proportionierten Fabrikbauten (des frühen 19.
Jh. meist) der große unverputzte Bruchsteinbau im Wiesental.
Die
Pfarrkirche (1649-50) ist ein schlichter, unverputzter
Bruchsteinbau, einschiffig mit Holzkreuzge- wölben und Chor mit
Dreiachtelschluß. Von der alten Ausstattung verdienen der Hochaltar
aus dem Kloster Reichenstein (um 1780), die barocken Seitenaltäre
von 1650, die mit Flachschnitzwerk und prächtigem Schalldeckel
versehene korbförmige Kanzel (um 1780) und der geistvolle
Orgelprospekt aus Mariawald Erwähnung; im Chor der 1760 von dem
Deutzer Goldschmied Anton Reuter angefertigte Reliquienschrein des
hl. Liberatus. Der Kirchenraum zeichnet sich durch seine
Stimmungsreize aus.
Die
Aukirche, 1726—51 als Klosterkirche der Minoriten erbaut, deren
einfache Klosterbauten jetzt als Bürgermeisteramt dienen, ist ganz
einfach, an den Seiten nur durch die großen Rundbogenfenster belebt;
im Innern auf Mauerpfeilern die Holzbogendecke des einschiffigen
weiten Raumes in Form eines Kreuzgewölbes. Die alte Ausstattung ist
bis auf weniges verloren; schöne Kölner Sonnenmonstranz der 1.
Hälfte des 18. Jh.

5.
Evangelische Kirche und "Rotes Haus".
Die
evangelische Kirche ist ein Bau von ganz ungewöhnlichen Reizen,
durch ihre Lage mitten im Ort ausgezeichnet (Bild 5 u. 2). Auch hier
ist das unverputzte Äußere ganz schlicht und nur durch die hellen
Steineinfassungen der langen Rundbogenfenster gehoben; der Turm mit
schönem Empireportal, über dem Stockgurt mit Schallfenstern und
geschickt eingefügten Uhren, hat eine hübsche Haube, doppelt
geschweifte Zwiebel zwischen offener Laterne. Das Innere der
Saalkirche überrascht durch die Feinheit der Maßverhältnisse und der
Empireausstattung aus der Erbauungszeit 1787 - 89 (Bild 8).
Hervorragend die Gliederung der Wandflächen über der bis zur
Fensterhöhe reichenden dunklen Eichenholztäfelung mit rechteckigen
Feldern und Gehängen, die feine, leicht bewegte Profilgestaltung an
Gesimsen und Fensterrahmungen, die Klarheit und Zierlichkeit der
Stuckdeckenaufteilung. An der Turmseite eingebaut die
doppelgeschossige Orgelempore, an der Altarseite zu dessen
Hervorhebung an der linken die hübsche Kanzel an der rechten Seite,
symmetrisch zu ihr eine ähnlich gestaltete Schranktür; das Ganze
besonders in der Abwägung der Farbwerte, der dunklen Holztöne der
Emporen, der hellen weißen der Altarseite, des schönen dunklen
Gestühls, der Täfelung und der hellen Wand- und Deckenflächen von
feinster Durchbildung.

6. Treppe im
"Roten Haus"

7. Stadtstraße

8.
Evangelische Kirche
Literatur:
Karl Faymonville, „Die Kunstdenkmäler des Kreises Monschau“,
Düsseldorf 1927.
HERMANN
SCHNITZLER. |