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			„Goch, 
			im Jahre 1311 mit Wällen versehen und seit 1366 massiv befestigt, 
			liegt seitlich der hier breitem Wiesenbett mehrfach geteilten Niers, 
			im Zuge einer wichtigen alten Straße vom Rhein nach der Maas, von 
			der gegen Norden über das Niersbett weg die Straße nach Kleve 
			abzweigt, dazu noch an der Grenze zwischen Geldern und Kleve. Der 
			Niersfluß gibt außer der natürlichen fortifikatorischen Bedeutung 
			des Platzes noch besondere Vorteile für die gewerblichen Betriebe, 
			namentlich die in den klevischen Städten blühende Tuchfabrikation. 
			Alle diese Momente haben hier zu einem sehr charakteristischen 
			Stadtbild geführt (Bild 2), das sich in ganz verwandter Form in dem 
			nahe gelegenen Kalkar wiederholt“ (Edmund Renard in der Zeitschrift 
			des Rheinischen. Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz, 1912, 
			S. 110). 
			
			
			  
			
			Pfarrkirche. 
			Ein ungünstiges Geschick hat Goch aber nur verhältnismäßig wenig von 
			seinem einst reichen Besitz an alten Bauwerken gelassen, und dennoch 
			ist seine St. Magdalenen-Pfarrkirche eine der größten und 
			beachtenswertesten am Niederrhein (Bild 3, 5, 6). Bereits im 13. 
			Jahrhundert bestand eine Pfarre Goch. Die heutige Kirche wurde im 
			Jahre 1323 vo1lendet und geweiht, eine gotische Hallenkirche mit 
			drei gleichen Schiffen. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts begann dann 
			ein zweiter Bauabschnitt, als der mächtige Turm, auch heute das 
			weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt, vor das Mittelschiff gebaut 
			wurde (Bild 9.) Seine Fassade wird durch spitzbogige Blenden belebt, 
			über denen sich im vierten Stockwerk noch ein Rundbogenfries befindet. 
			Ein dritter wichtiger Bauabschnitt begann dann um die Mitte des 15. 
			Jahrhunderts, als die Kirche ihre heutige Gestalt erhielt. (Goch war 
			seit dem 14.Jahrhundert eine der wohlhabendsten und blühendsten 
			Städte des Niederrheins geworden. Draußen vor der Stadt, wo heute 
			die Gemeinde Pfalzdorf liegt, erstreckte sich ehedem die mehr als 10 
			000 Morgen große Gocher Heide, die vom Landesherrn, dem Herzoge von 
			Geldern, der Stadt geschenkt worden war. Hier hielten die Bürger 
			große Schafherden, deren Wolle in der Stadt zu den berühmten Gocher 
			Tuchen verarbeitet wurde. Bis in das 16. Jahrhundert dauerte diese 
			wirtschaftliche Blüte. Den reichen Gocher Webern war ihre 
			Pfarrkirche zu klein und zu einfach geworden. Eine Erweiterung, wie 
			sie vielerorts vorgenommen wurde durch Einbau eines Querschiffes 
			oder durch Anbau eines neuen mächtigen Chors, war aus Platzmangel 
			nicht möglich. So entschloß man sich denn, das Südschiff von 1323 
			abzubrechen und unter Einbeziehung eines Teiles des die Kirche 
			umgebenden Friedhofes das jetzt noch stehende prachtvolle 
			Hauptschiff anzubauen (Bild 5 u.6). Der so entstandene ungewöhnliche 
			Grundriß hat wiederholt zu der Vermutung Anlaß gegeben, es sei 
			ursprünglich geplant gewesen, die bis dahin dreischiffige Kirche zu 
			einer fünfschiffigen auszugestalten. Dieser Plan hat aber, schon aus 
			Platzmangel, nie bestanden. Das neue Südschiff wurde bis zur 
			Stirnmauer des Turmes vorgezogen. Indem man dann noch an das alte 
			Nordschiff im Westen ein weiteres Joch anbaute, wurde der ehemals 
			vor der Westfront stehende Turm nunmehr in diese einbezogen. Durch 
			den Unterschied in der Höhe und der Breite der beiden Seitenschiffe 
			ist die Westfassade sehr wirkungsvoll gestaltet worden. Das der 
			Niers zugekehrte Nordschiff von 1323 zeigt verhältnismäßig einfache 
			Formen; trotzdem ist es dadurch reich belebt, daß sich über jedem 
			Gewölbejoch ein besonderes Satteldach erhebt. Das Südschiff dagegen 
			zeigt die ganze Pracht der Spätgotik. Hoch und schlank reckt es sich 
			empor mit seinen großen, durch reiches Maßwerk aufgeteilten Fenstern 
			(Bild 3). Die der Außenmauer vorgesetzten Strebepfeiler verjüngen 
			sich nach oben und endigen in Fialen aus Haustein. Eine 
			durchbrochene Hausteingalerie umgibt das steil ansteigende Dach. Zu 
			phantastischen Tiergestalten sind am Südschiff die Wasserspeier 
			gestaltet, während sie am Nordschiff nur aus einfachen, 
			rinnenförmigen Steinen bestehen. Belebt wird die Südfront einerseits 
			durch die dem dritten Joch vorgebaute Portalhalle mit ihrem feinen, 
			erneuerten Maßwerk und den vorspringenden Bau der zweistöckigen 
			Sakristei (Bild 3 u.6). Besonders malerisch wirkt die Ostpartie der 
			Kirche mit dem weit hinausgezogenen Chor des Südschiffes; in seinen 
			Schatten schmiegt sich bescheiden an, mehr zurücktretend, das Chor 
			des ehemaligen Hauptschiffes und schließlich das gerade 
			abgeschlossene Chor des Nordschiffes, die ehemalige „Gerkammer'‘ 
			oder Sakristei, die nach dem Neubau der Sakristei an der Südseite 
			zum Chor umgestaltet wurde. 
			
			
			  
			
			Inneres der 
			Pfarrkirche. Nicht weniger eindrucksvoll als das Äußere ist das 
			Innere der Kirche (Bild 5). Auch hier wirkt der Bau durch seine 
			Unregelmäßigkeit interessant und malerisch. Zwischen Mittel- und 
			Nordschiff erheben sich drei einfache dicke Säulen, an denen die 
			Rippen der Gewölbe auf kleinen, aus Stein gehauenen Menschenköpfen 
			aufsetzen. In den beiden letzten Jochen des Mittelschiffs ruhen die 
			Gewölberippen auf kurzen Säulchen, die ihrerseits wieder auf einer 
			Blattkonsole stehen. Bei dem Neubau des Südschiffes wurden die 
			Rundsäulen zwischen Mittel- und Südschiff zu Pfeilern umgestaltet. 
			Das spätgotische Südschiff zeigt ein reich ausgebildetes 
			Sterngewölbe. Ein Fülle von Licht strömt hier durch die mächtigen 
			Fenster ein, die vor einigen Jahren mit farbenfrohen Fenstern von A. 
			Wendling versehen wurden.  
			
			
			Plastik. Leider ist das Innere der Kirche gegenüber Xanten, 
			Kalkar und Kleve außerordentlich arm an Kunstschätzen aus älterer 
			Zeit. Bei der wirtschaftlichen Blüte, die Goch im Mittelalter vor 
			den meisten Städten des Niederrheins auszeichnete, kann man aber 
			bestimmt annehmen, daß sie früher an Kunstschätzen keineswegs hinter 
			den erwähnten Nachbarkirchen zurückstand. Aber der barbarische 
			Bildersturm der Holländer, die im Januar 1625 sich durch einen 
			Überfall der bis dahin von den Spaniern besetzten Stadt 
			bemächtigten, hat in einer Nacht fast die gesamte Inneneinrichtung 
			der Kirche zerstört. Erhalten ist im Chor des Südschiffes an der 
			Evangelienseite noch das in Stein gehauene Sakramentshäuschen. Ein 
			wertvolles altes Stück ist ein 80 cm hoher, aus Messing getriebener Kronleuchter Ende des 16. 
			Jahrhunderts. In der Mitte zeigt er die mit Krone und Zepter 
			geschmückte Gottesmutter auf dem Halbmond mit der Schlange. An alten 
			Holzschnitzwerken besitzt die Kırche nur noch zwei beachtenswerte 
			Stücke, an einem Pfeiler des Südschiffes eine etwa 90 cm hohe 
			Sitzmadonna, eine anmutige niederrheinische Arbeit aus dem Anfang 
			des 15. Jahrhunderts, und, leider viel zu hoch über dem neuen 
			Chorgestühl zur Rechten des Hochaltars aufgestellt und darum von den 
			meisten Besuchern übersehen, ein Meisterstück der sog. Kalkarer 
			Schule, etwa 85 cm hoch, einen St. Georg vom Ende des 15. 
			Jahrhunderts (Bild 4). Die prächtige große spätgotische Madonna, die 
			ehemals in der Magdalenenkirche stand, dann mehrere Jahrzehnte in 
			der Sammlung Langenberg in Goch eines der kostbarsten Stücke 
			bildete, befindet sich jetzt in der 19:33 geweihten 
			Liebfrauenkirche, ein Meisterwerk der Spätgotik, etwa 1,50 m hoch. 
			das ursprünglich als Leuchtermadonna geschaffen war. Line 
			beachtenswerte niederrheinische Plastik birgt dann noch das sog. 
			Frauenhaus in Goch (eine im Jahre 1502 errichtete wohltätige 
			Stiftung, in der 12 alte, unbescholtene Frauen ihren Lebensabend 
			verbringen): eine aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts stammende 
			h. Anna selbdritt (Bild 7) 
			
			
			  
			
			  
			
			
			  
			
			
			  
			
			Steintor. Neben der St. 
			Mapdalenenkirche ist das Steintor ein Wahrzeichen der Stadt (Bild 1) 
			Der mächtige Bau, eine der bedeutendsten noch erhaltenen Toranlagen 
			am Niederrhein, stammt von der ersten, von den geldrischen Herzögen 
			um 1350 errichteten Stadtbefestigung. Das Tor zeigt im Mittelbau 
			einen rechteckigen Grundriß, an der der Niers zugekehrten Außenseite 
			zwei mächtige runde Türme vorgebaut, die im obersten Geschoß in ein 
			Zehneck überstehen und Pyramidendächer tragen. Eine vor einigen 
			Jahrzehnten vorgenommene Restaurierung hat den ursprünglichen 
			Zinnenkranz am Fuße der Dachpyramiden wiederhergestellt. An der 
			Außenseite des Mittelbaues ist im obersten Stockwerk noch eine 
			Pechnase erhalten, über der Tordurchfahrt in Nischen der Stadtpatron 
			St. Georg, rechts das Gocher Stadtwappen und links das Wappen 
			Brandenburg-Preußens zu dem Goch seit 1614 gehörte. Die Rückseite 
			des wuchtigen Baues stürzte 1920 ein, wurde indes wieder in der 
			alten Form aufgebaut. Der Hauptteil des Baues mit der 
			architektonisch bedeutsamen Außenfront blieb aber zum Glück 
			unversehrt. Einige hier neu angebrachte kleine Fenster stören den 
			Gesamteindruck nur wenig, Seit 1929 birgt das Steintor das 
			Städtische Heimatmuseum. Hier sind besonders beachtenswert eine 
			größere Sammlung von Funden aus den unmittelbar vor der Stadt 
			gelegenen vorgeschichtlichen Gräberfeldern von Kalbeck und 
			Pfalzdorf, Funde aus der mittleren und jüngeren Steinzeit, der 
			Bronze- und der Hallstattzeit. Im obersten Stockwerk befindet sich 
			eine sehenswerte Sammlung kirchlicher Altertümer aus Goch und den 
			umliegenden Gemeinden. Als Kunstwerke sind zu nennen eine Kapelle 
			(Kasel und zwei Dalmatiken) des 15. Jahrhunderts aus Sammetbrokat 
			mit Granatapfelmuster und reicher Stickerei auf den Stäben, ein 
			Geschenk des Herzogs von Rleve an die Magdalenenkirche zu Goch. Aus 
			der gleichen Kirche stammt ein Chormantel aus purpurnem Sammetbrokat 
			mit Granatapfelmuster auf Goldgrund. Mehrere Kunstwerke stammen aus 
			der benachbarten ehemaligen Zisterzienserinnenabtei Graefenthal 
			(Neukloster): eine Kasel und eine Dalmatika aus dem 16. Jahrhundert. 
			In der Mitte der Kasel befindet sich ein Medaillon, das in 
			Überfangstich eine Darstellung des Abendmahles zeigt. Ebenfalls aus 
			der 1807 abgebrochenen Abteikirche stammen zwei Flügel der 
			ehemaligen Orgel mit wertvollen Schnitzereien der Renaissancezeit. 
			Die im Museum aufbewahrten Schützensilber der beiden alten Gocher 
			Schützengilden enthalten Meisterstücke rheinischer 
			Goldschmiedearbeit (s. Ewald i.d. Zeitschr. d. Rhein. Vereins f. 
			Denkmalpflege u. Heimatschutz 1933).
			  
			
			Bürgerhäuser. Die von 
			Jan de Beyer 1737 gestochene Ansicht des Gocher Marktes zeigt uns 
			den Platz, umgeben von einem Kranze spätgotischer Häuser mit 
			abgetreppten Giebeln, die noch aus der Zeit der wirtschaftlichen 
			Blüte Gochs durch die Wollweberei des 13.—16. Jahrhunderts stammen 
			(Bild 9). Leider ist von all dieser Schönheit nicht viel 
			übriggeblieben. Eine Erinnerung an diese frühere Zeit ist aber noch 
			das in der Nähe des Marktes in der Steinstraße gelegene IJaus „Zu 
			den fünf Ringen‘ (Bild 8), das vor einigen Jahrzehnten mit Hilfe der 
			Provinzialverwaltung wiederhergestellt worden ist und bei der 
			Gelegenheit auch wieder seine früheren hellen Hausteinfenster kreuze 
			wiedererhalten hat. Der vierstöckige Backsteinbau aus dem 15. 
			Jahrhundert wirkt besonders reizvoll durch die beiden malerischen 
			achtseitigen Ecktürmchen zu beiden Seiten des abgetreppten Giebels, 
			die auf Hausteinspitzbogen ruhen. An den Seiten tragen die Türmchen 
			zwei Reihen spitzbogiger Blenden. Oben am Fuße des Dachhelmes der 
			Ecktürmchen erhebt sich ein Zinnenkranz. 
			
			  
			
			  
			
			Literatur: 
			
				- 
				
				Paul Clemen, „Die 
				Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Erster Band 4. Die 
				Kunstdenkmäler des Kreises Cleve‘‘. Düsseldorf 1892.  
				- 
				
				Berichte über die 
				Tätigkeit d. Prov.-Komm. f. d. Denkmalpflege i. d. Rheinprovinz 
				VI. 1901.  
				- 
				
				Rich. Klapheck, „Baukunst 
				am Niederrhein‘ I. Düsseldorf 1915.  
				- 
				
				Alphons Schmitz, 
				„Geschichte der katholischen Pfarrgemeinde Goch“. Goch 1933.
				  
			 
			
			ALPHONS SCHMITZ. Goch 1936. 
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