
1.
Godesberg mit Blick auf das Siebengebirge.
Ursprung. Der Ort Godesberg verdankt seinen Namen dem vor den
bewaldeten Höhen des Kottenforstes gelegenen, frei aus der Ebene
des Rheintales aufragenden Basaltkegel, der in den ältesten
erhaltenen Quellen „Wuodenesherg", Wodansberg, genannt ist, was wohl
darauf hindeutet, daß hier eine germanische Kultstätte war (Bild 1).
In das Licht der Geschichte rücken der Wodansberg und die von ihm
beherrschte nähere Umgebung aber erst in der Zeit römischer
Herrschaft; allenthalben deuten Bodenfunde darauf hin, daß sich auf
dem Berge und in seiner schützenden Nähe römische Siedlungen
befunden haben. Auch muß hier ein römisches Heiligtum gewesen sein.
So fand man schon im endenden 16. Jh. auf der Godesburg nach deren
Zerstörung einen eingemauerten römischen Weihestein, den der Legat
der 1. minervischen Legion und kaiserlicher Statthalter der Provinz
Niedergermanien Q. Venidius Rufus den Gottheiten Aesculap und Hygea
um die Wende des 2—3. Jh. gewidmet hat (Bonn, Landesmuseum).
Offenbar war den Römern also auch schon die im 18. Jh. erst wieder
aufgefundene Heilquelle bekannt. War die Gegend um den Wodansberg
wohl schon vor der römischen Zeit der Sitz westgermanischer Stämme,
so ist eine weitere Besiedlung durch die Franken erst seit dem 5.
Jh. anzunehmen; auf fränkischen Ursprung deuten die im weiteren
Umkreis um den Berg liegenden; heute zur Gemeinde Godesberg
gehörenden Dörfer Friesdorf (Fritigiso), Lannesdorf (Landulfsdorf),
Rüngsdorf (Rinigiso) und Plittersdorf (Blittgersdorf). Den Kern
dieser einzelnen Siedlungen bildete jeweils ein Königshof, auch
hatten die in der weiteren Umgebung liegenden Stifte und Klöster
schon im frühen Mittelalter Güter in Godesberg, so vor allem das
Bonner Cassiusstift. Inzwischen war auch auf dem „Godenesberg", wie
der Berg schon im Jahre 658 im liber fundationum der Bonner
Münsterkirche genannt wird, eine dem hl. Michael gewidmete
christliche Kapelle gegründet worden. Im 9. Jh. schenkte Karl der
Dicke den Godesbcrgcr Fronhof an das Stift Essen. Bald darauf
gelangten der Hof zu Plittersdorf und zur Crucht (Klucht), zwischen
Godesberg und Friesdorf gelegen, in den Besitz des Klosters
Gandersheim; sie gingen dann um 1200 an die eben gegründete
Zisterzienserabtei in Heisterbach über.

2.
Muffendorf. Alte Pfarrkirche, früherer Zustand.
In
Muffendorf bestand auch schon seit karolingischer Zeit eine
königliche Villa, die im Jahre 889 durch König Arnulf an den Bischof
von Osnabrück übertragen wurde. Im Jahre 1064 ist das Gut
im Besitz der Benediktinerabtei Siegburg, deren Abt Godfried
es dem Deutschritterorden schenkt. Im Jahre 1760 erfolgte unter dem
Komtur Karl von Greifenklau ein Neubau. Nach Aufhebung des Ordens
gelangte das Haus in Privatbesitz und verlor durch mehrfache
Umbauten seinen alten Charakter. Im schönen Park steht der alte
romanische Taufstein der schon im Jahre 913 erwähnten ehemaligen
Muffendorfer Kapelle.
Die
Kirche zu Muffendorf, um 1200, hat sich irn wesentlichen bis auf
den heutigen Tag erhalten (Bild 2). Die ursprünglich einschiffige,
flachgedeckte Anlage mit gewölbtem Chorjoeh und halbrunder Apsis und
einem kräftigen, durch massive Strebemauern gestützten Westturm
bekam kurz nach der Vollendung noch ein nördliches Seitenschiff, das
ursprünglich durch zwei Arkaden vorn Hauptschiff getrennt war. Sie
erscheint zuerst als Filiale von Mehlem; erst im 17. Jh. bekommt sie
eigene Pfarrrechte. Aus dieser Zeit (um 1640) stammt der heutige
Bogen zwischen den beiden Schiffen und die dem Chor nördlich
vorgelagerte Sakristei. Nachdem Muffendorf im Jahre 1895 eine
größere neugotische Kirche erhalten hat, fiel die alte Kapelle mit
ihren Altären des 17. und 18. Jh. der Verwahrlosung anheim; erst
seit 1934 ist die Instandsetzung der sehr malerisch auf dem alten
Friedhofe gelegenen Kapelle begonnen, an der sich namentlich am Chor
und am Nordportal schöne romanische Schmuckformen erhalten haben.
Der farbige Außenanstrich ist in Anlehnung an die alten romanischen
Kirchen des Rheingebietes zu vermutende Art wiederhergesellt.
Turmhaus zu Friesdorf, ein viereckiger, zweistöckiger Bau mit
einigen romanischen Details an den alten Fenstern, veranschaulicht
trotz mannigfacher Umbauten heute noch, wie ein Hof oder festes
Haus im 12. Jh. in dieser Gegend ausgesehen haben mag. Ihn schließt
ein malerisches, seitlich daneben gelegenes Tor mit der Jahreszahl
1777 ab.
Die
Godesburg, die mit dem mächtig aufragenden Bergfried Godesbergs
gesamtes Ortsbild beherrscht, ist das bedeutsamste mittelalterliche
Bauwerk der Stadt (Bild 3). Über die Gründung sind wir durch eine im
Bonner Landesmuseum erhaltene Inschrifttafel genau unterrichtet :
Erzbischof Dietrich v. Köln, aus dem Hause Heinsberg, legte am 15.
Oktober 1210 den Grundstein. In Verbindung mit

3. Die
Godesburg
dem
Neubau der Burg, in dem die frommen Zeitgenossen eine Entweihung des
dem hl. Michael geweihten Berges sahen (Caesarius von Heisterbach
berichtet anschaulich darüber), wurde eine neue Michaelskapelle
errichtet, von der die heutige Michaelskapelle noch den romanischen
Chor bewahrt. Der Erzbischof mochte wohl durch die verheerenden
Auswirkungen der Kämpfe zwischen Otto IV. und Philipp v. Schwaben,
die ja auch Köln und Bonn schwer in Mitleidenschaft zogen, bewogen
worden sein, im südlichen Teile seines Bereiches eine feste Burg zu
errichten; ihre Vollendung erlebte er allerdings nicht mehr,
Erzbischof Konrad v. Hochstaden, der Gründer des Kölner Domes,
begann mit dem Ausbau des mächtigen Bergfrieds, der aber erst im 14.
Jh. unter Walram v. Jülich (1332—1349) durch eine weitere Aufhöhung
seine heutige Größe erlangte. Schon Walrams Vorgänger Heinrich v.
Virneburg hatte mit einer Erweiterung der Burg begonnen; Walram
beendete sie im Jahre 1342, indem er einen zweiten weiteren
Mauergürtel um die Burg legte, so daß nun auch die Michaelskapelle
noch in ihren Bereich zu liegen kam. Bis zum 16. Jh. war die
Godesburg der belieble Aufenthalt der Kölner Erzbischöfe. Im
Truchsessisehen Krieg zog sich der zum Protestantismus übergetretene
Erzbischof Gerhard v. Truchseß hierin zurück. Am 17. Dezember 1583
wurde die Burg von den Truppen des an seine Stelle erwählten neuen
Erzbischofs Ernst v. Bayern gesprengt und größtenteils zerstört.
Seitdem wurde sie nie wieder aufgebaut und zeigt daher heute bis auf
die im endenden 19. Jh. eingebauten Restaurationsgebäude im wesentlichen den Zustand seit der Sprengung (Bild 4). Vom alten Pallas, der noch aus der ersten Bauzeit des 13. Jh. stammt, sind
große Teile der Mauern erhalten. Der Eingang zu dem nahezu
unversehrt erhaltenen großen Bergfried lag ursprünglich im 2. Stock;
jetzt tritt man ein in den gewölbten Raum, der ursprünglich das
Verlies bildete. Im Innern haben sich Reste gotischer Kaminanlagen
erhalten. Vom äußeren unteren Wehrgang sind nur die Kragsteine
geblieben (Bild 3); er war nach der Aufhöhung des Turmes im 14. Jh.
überflüssig geworden und wurde wohl damals schon entfernt. Aus
weiteren erhaltenen Mauerresten und Bruchstücken der alten
Umwallungen ist der ursprüngliche Zustand der fortifikatorisch
bedeutungsvollen Anlage leicht zu rekonstruieren; ein sehenswertes
Modell steht heute in einem Saal der Burgwirtschaft.

4.
Godesberg. Hochkreuz und Burg. Zeichnung von A. F. unrms, 1728.
Das
Hochkreuz. Noch ein anderes Baudenkmal ist in Godesberg aus der
Regierungszeit des Erzbischofs Walram erhalten: An der Stelle, wo
sich der Weg vorn Plittersdorfer Hof zu den Friesdorfer Höfen mit
dem großen Wege vom Gudinsherg nach Bonn schnitt, wurde ein
Hochkreuz errichtet, das in der im 19. Jh. von Zwirner stark
erneuerten Form heute noch an der ursprünglichen Stelle steht (Bild
4). Der 11 m hohe Trachytpfeiler zeigt reichen Blendarkaden- und
Fialenschmuck. Auf Konsolen stehen die Figuren Christi, Johannes des
Täufers und zweier Engel; in den Zwickeln darüber die Bilder der
Evangelisten neben musizierenden Engeln.
Die
Rüngsdorier Kirche. In den Wirren des 16. Jh. und späterem
Dreißigjährigen Kriege war der kleine Ort Godesberg, der sieh am
Fuße des Burgberges entwickelt hatte, vollständig zerstört worden.
Abgesehen von der bereits genannten kleinen Muffendorfer Kapelle,
bewahrt lediglich der Ortsteil Rüngsdorf aus mittelalterlicher Zeit
noch die Ostpartie der schon im Jahre 1131 erwähnten romanischen
Kirche. Das im Jahre 1644 saalförmig erneuerte Langhaus wurde 1902
abgerissen, als an anderer Stelle eine neugotische „Dorfkathedrale"
errichtet wurde. Der von einem Turm mit schönen romanischen
Schallöffnungen überragte Ostchor der alten Kirche liegt malerisch
auf einem alten Friedhof, über dessen Mauern eine Anzahl alter
Kreuze aus dem 16.—18. Jh. ragen. In der Godesberger Geschichte
spielte die Rüngsdorfer Kirche insofern eine besondere Rolle, als
das Amt Godesberg bis zum Jahre 1805 ihre Filiale war. Erst in
diesem Jahre erhielten die Godesberger eine eigene Pfarre und zwar
in der Michaelskapelle auf der Burg,

5.
Godesberg. Michaelskapelle
Die
Michaelskapelle. Die ältere, aus dem 13. Jh. stammende
Michaelskapelle (siehe oben) war bis auf Teile der Ostpartie bei
der Zerstörung der Burg mit zugrunde gegangen. Nachdem schon im
frühen 17. Jh. eine notdürftige Instandsetzung stattgefunden haben muß, denn um 1670 ist hier Gottesdienst überliefert, nahm sieh
endlich Kurfürst Josef Clemens (1688—1723) ihrer an, indem er den
Bau in den Jahren 1697—1699 als Oratorium des Ritterordens für den
hl. Michael wiederherstellte. An den alten romanischen Chorabschluß
wurden Chor- und Langhaus in Bruchsteinmauerwerk gefügt. Zwischen
der Kapelle und der Mauer der Vorburg wurde ferner noch eine
Eremitage für zwei Eremiten eingerichtet. Das im Äußeren recht
anspruchslose Kirchlein mit der durch zwei Löwen gehaltenen
Wappenkartusche des Kurfürsten über dem Portal überrascht im Innern
durch eine überaus reiche, wenn auch etwas derbe Ausstattung (Bild
5). Die Stuckierung der Gewölbe führte Johann Peter Castelli aus. Im
Langhaus befinden sich am Tonnengewölbe vier Felder mit Gemälden des
Lazarus Maria Sanguinetti zwischen vier ovalen StuckmedaiIIons in
den Ecken. An der Kuppel des Chor-hauses in Medaillons Allegorien
der Pietas, Fidelitas, Perseverantia und Fortitudo. Mit der reichen
Deckendekoration stimmen der Haupt- und die beiden Seitenaltäre gut
überein; auf dem Tabernakel des reichverzierten, von Säulen
flankierten Hauptaltares eine flott bewegte, vergoldete Holzfigur
des hl. Michael und die Gemälde der Seitenaltäre, links der
Englische Gruß. rechts Tobias mit dem Engel.

6.
Godesberg. Der Gesundheitsbrunnen. Farbiger Stieh von Joh. Ziegler
nach Zeichnung von Laurenz Janseha, 1798.
Die
Heilquelle. Kurfürst Clemens August (1723—1761), der Erbauer des
Jagd- und Lustschlosses zu Brühl, ließ die wahrscheinlich schon den
Römern bekannten, aber erst zu seiner Zeit in ihrer heilenden
Wirkung wieder erkannten Quellen neu fassen. Ein wirkliches
Badeleben entwickelte sich aber erst unter dem letzten Kurfürsten
von Köln, Max Franz (1784——1794), dem jüngsten Sohn der Kaiserin
Maria Theresia, nachdem sein Leibarzt v. Ney und der Chemiker Wurzer
erneut die besondere Heilwirkung des Wassers feststellten. Die
Quelle wurde gereinigt und bekam eine neue steinerne Einfassung, die
im wesentlichen bis zum Jahre 1864 bestand (Bild 6). Die heutige
Fassung der Quelle mit Brunnenhaus und Treppenanlage stammt aus dem
Jahre 1902.

7.
Godesberg. Die alte Redoute. Erbaut 1790 von Michael Leydel.
Zeichnung von Laurenz Janscha, 1810.

8.
Godesberg. Saal der alten Redoute. -— Vgl. Bild 7 u. 9
Redoute und Theater. Zur Pflege des Badelebens rief Kurfürst Max
Franz die sog. Admodiations- oder Brunnengesellschaft ins Leben, die
nun nach 1790 nach den Plänen des Architekten Michael Leydel die
Redoute aufführen ließ, einen vornehm schlichten, zweistöckigen Bau
mit Mansarddach und überhöhtem Mittelrisalit (Bild 7 u. 9). Den Kern
des Inneren bildet der große Fest- oder Spielsaal (Bild 8), der in
seiner außerordentlich feinen Wandgliederung und Proportionierung
mit seinen Figurennischen in den abgeschrägten Ecken ein
Musterbeispiel dekorativer Raumgestaltung aus der Zeit der Wende des
Rokoko zum Klassizismus darstellt. Der halbrunde, auf der Rückseite
der Redoute gelegene Gartensaal ist erst in neuester Zeit unter
Wahrung des ursprünglichen Stils angefügt worden. Auf dem dahinter
gelegenen, sanft ansteigenden Gelände befindet sich ein alter Park
mit vielen bemerkenswerten fremdländischen Bäumen, Der Vorgarten der
Redoute wird durch ein herrliches Barockgitter, das ehemals den Hof
des Jesuitenkollegs in Köln abschloß und in der 2. Hälfte des 17.
Jh. entstanden ist, eingefaßt (Bild 9). Links neben der Redoute
liegt das ehemalige kurfürstliche Hoftheater, ursprünglich durch
einen gedeckten Gang mit der Redoute verbunden, ein von Pilastern
gegliederter, sehr feiner Bau mit flachem Giebel. Daneben liegt das
„Kurfürstenbad", wo heute das sehenswerte Heimatmuseum sich
befindet.
Die
Neustadt. Aus der Glanzzeit des späten 18. Jh. haben sich sonst
keine Bauten mehr erhalten. Die allmähliche Umwandlung des Dorfes
Godesberg in einen Villenort und die Verschmelzung mit den Dörfern
Plittersdorf, Rüngsdorf, Muffendorf und Lannesdorf nebst der
Gemeinde Mehlem ist noch neueren Datums. Heute wird der Eindruck des
Ortes im wesentlichen bestimmt durch die breiten, baumbestanden Villenstraßen die „Alt-Godesberg", d. h. die Partien um die Burg
und den kurfürstlichen Teil mit der Redoute und dem Bade verbinden
mit dem erst in jüngerer Zeit ausgebauten Rheinufer. Daneben haben
sich aber, vor allem in Muffendorf, eine Reihe guter, alter
Fachwerkhäuser erhalten. Als bemerkenswerter neugotischer Bau ist
noch das am Rheinwege nach Bonn hin gelegene Herrenhaus des
Majoratsgutes Plittersdorfer Aue zu nennen, mit dem das durch eine
große Anzahl schöner Villen vornehmlich bestimmte, hübsche Uferbild
Godesbergs eindrucksvoll nach Norden hin ausklingt.
Literatur: Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 5 III, Die
Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Bonn, Düsseldorf, 1905,
Dr.
Fr. Jungbluth, Bad Godesberg. Rheinische Heimatbücher, Heft 2, Verl.
F. Cohen, Bonn, 1922.
Alfred Wiedemann, Geschichte Godesbergs und
seiner Umgebung, 2. Auflage, 1930. Verlag des Amtes Godesberg.
CARLHEINZ PFITZNER. Bonn 1936.

9.
Godesberg. Redoute. Heutiger Zustand. |